Humboldt-Universität
zu Berlin
Institut
für Sozialwissenschaften
PJS:
53104 Politische Rationalitätsprobleme und Bedingungen der
Möglichkeit anspruchsvoller Reformen I, SS 2002
Verfasser: Mathias Krüger
Sitzungsprotokoll vom 17.06.2002
*** Tagesordung
***
(0) Wiesenthal
- Vorrede
(1)
Besprechung des Protokolls vom 10.06.02
(2)
Referat: "Theorie - Resume"; anschliessende Besprechung
(3)
Die Logik der Testfälle; Besprechung der Fallbeispiele
(4)
Arbeitsplan, Verschiedenes
0
Wiesenthal - Vorrede
(1) Hinweis auf die historische
Bedeutung der Zeit (17.06.1953)
Das Collectiv-Action-Problem
konnte gelöst werden, indem den Trittbrettfahrern etwas mehr abverlangt
wurde als den anderen.
und den Ort des Seminars
(attraktive Präsentation politikwiss. Erkenntnisse in der Langen Nacht
der Wissenschaften).
(2) Spielregeln für die weitere Diskussion im Seminar:
·
bitte keine Fundamentalkritik üben
· jeder Vorschlag
ist zulässig (Ideen sammeln!); kreatives Potenial ausschöpfen
1 Besprechung
des Protokolls vom 10.06.02 mit Änderung durch Herrn Wiesenthal
zu Referat I "ganzheitliche Steuerung" durch "aktive Politik" ersetzen
... sonst keine
weiteren Einwände.
2 Referat
"Theorie - Resümee"; anschliessende Besprechung
Die Referenten
erörterten den Stand unserer Arbeit und fragten danach, was wir erreicht
haben, wo vor wir stehen und wo wir hin wollen.
Bisher haben
wir verschiedene Theoriemodelle nach Aussagen über Rationalitätsprobleme
untersucht und uns eine Matrix erarbeitet, in welche wir die Rationalitätzweifel
den Sinnreferenzen (sachlich, zeitlich, sozial) und den Ebenen (Mikro, Meso,
Makro) zuordneten. Ausserdem lassen sich die Theorien nach ihrem normativen
(bspw. Popper) beziehungsweise ihrem empirischen Gehalt (bspw. Simon, March-Olson,
Olson), ihrer Reichweite und ihrer Deskriptivität unterscheiden.
Um rational
zu handeln, müssen Akteure/Systeme Annahmen über ihre Handlungssituation,
ihren Zielzustand und die Zweck-Mittel-Beziehungen machen. Durch unterschiedliche
Deutungshypothesen werden unterschiedliche Präferenzordnungen gebildet,
durch welche sich verschiedene Rationalitäten ableiten lassen.
Die Referenten
machten folgende Variablen aus, welche das Vorhandensein verschiedener Rationalitäten
begünstigen:
· Wissen
und Informationsbasis,
· Selektion
und Filterung von Informationen,
· Informationsverarbeitungskapazitäten,
· Instabilität
der Randbedingungen,
· Bewertung
von alternativen Zielzuständen.
Die Referenzpunkte
hinsichtlich der Aggregation und der Harmonisierung sind:
· eine
offene Gesellschaft - unhintergehbare Akteursautonomie,
· Kommunikationsprobleme,
· das
Selbstbindungspotential der Akteure.
Zur Veranschaulichung
versuchte Silvia Hartmann einen Bezug eines Schachspiels zu den theoretischen
Erkenntnissen herzustellen. Da Schach ein perspektivengebundenes Spiel sei,
könnten einige Gemeinsamkeiten zu den Theorien ausgemacht werden und
zwar:
· verschiedene
Beobachtungspunkte,
· typische
Situationen führen zu unterschiedlichen Spielzügen,
· hohe
Komplexität und kontingete Entscheidungen,
· Pfadabhängigkeit,
· (mit
Uhr) entsteht Handlungzwang,
· gleichzeitiges
Vorhandensein verschiedener Rationalitäten.
Es geht beim
Schach ähnlich, wie bei dem Vorhaben anspruchsvoller Reformen darum,
die Möglichkeiten zu strukturieren und es lassen sich keine "Wenn ...,
dann ... ."-Aussagen treffen.
Im Anschluss
darauf folgte eine Diskussion über die Metapher "Schachspiel" und ihre
Anwendbarkeit auf unser Problem. Dabei wurden einige Feststellungen gemacht:
Die Mitspieler
fungieren als Komplexitätserzeuger, sie spielen genau genommen nicht
gegeneinander sondern gegen die Komplexität. Eine Unterscheidung zwischen
starken und schwachen Spielern kann über die Fähigkeit mit dem
Umgang hoher Komplexität und zur Heuristik von Möglichkeitsräumen
(windows of opportunity) gemacht werden. Es existiert eine unterschiedliche
Wahrnehmung der Spieler und der Beobachter. Ausserdem könne man durch
geringfügige Änderung der Spielregeln Bezug auf verschiedenste
Entscheidungskonstellationen nehmen, z.B. könnte es sich um einen korp.
Akteur (zwei Spieler spielen mit je 16 Figuren) oder um 32 Einzelakteuren
handeln. Komplexität entsteht im Prozess. Allerdings gibt es keine Konsensmöglichkeiten.
Es können keine gesellschaftlichen Konstellationen mit viel Bewegung
abgebildet werden. Was wir bräuchten, wären auch Aussagen über
den Schwierigkeitsgrad des Zieles/Projektes. Im Fazit stellten wir fest,
dass uns das Schachspiel sehr schön unsere Theorien untermauert, uns
aber kaum die Auswege aus den Rationalitätsproblemen aufzeigt.
3 Die
Logik der Testfälle; Besprechung der Fallbeispiele
Um eine angemessene Auswahl der Testfälle zu treffen, erfolgte ein Brainstorming
über die Merkmale, welchen Reformen genügen sollten:
Es muss eine
Regeländerung zu finden sein. Ein(e) intentionale(r) Instititionenwandel/-bildung
unterschiedlicher Bedingungen und Schwierigkeitsgrade muss erkennbar sein.
Die Testfälle sollten für uns praktikabel sein. Eventuell muss
eine "outcome-Bewertung" möglich sein. Die Testfälle sollten nach
allgemeiner Einschätzung relevant sein. Es sollten sich hinsichtlich
unserer Matrixdimensionen Grenzen abstecken lassen. Es sollten demokratische
Bedingungen vorherrschen. Eventuell könnten die Testfälle auch
auf Subsysteme beschränkt sein (z.B. Reformen in den Organisationen
des wirtschaftlichen Systems)
Ein weiteres
Brainstorming ergab eine Liste von möglichen Testfällen:
*** Privatisierung staatlicher Produnktionsbetriebe ***
Bahn in
JP, Post in DE
*** Deregulationsprojekte
***
UK, NZ,
DE
*** Regionale Wirtschaftsallianzen
***
Mercur,
Asean
*** Internationale
Finanzinstitutionen ***
IWF, WB,
WTO, EMS
*** Verfassungsgebung
***
DE
*** Sozialstaatliche
Inov. / erweiterte Staatsaufgaben ***
New Deal,
Dynamisierung der Rentenbezüge, Pflegeversicherung
*** Demokratisierungsschübe
***
Mali, Bolivien
** EU - Vorbereitung
**
Türkei
MOE - Länder:
z.B. Russland
*** Ökologisierung
des Wirtschaftens ***
In den weiteren
Teil des Seminars werden wir einen Focus auf folgende Themen setzen:
EMS, Ökologisierung
des Wirtschaftens, Post (D), Bahn (JP), Türkei, Russland, Mali, China
4 Arbeitsplan
/ Verschiedenes
siehe Arbeitsplan
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rev. 30.04.2002
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