Protokoll zur Seminarsitzung vom 1. 07. 2002

Protokoll: Wenke Seemann

Tagesordnung:
1. Tagesordnung
2. Protokoll der letzten Sitzung
3. Ergänzungsvorschläge für mögliche Testfälle
4. Diskussion und Bewertung der Testfälle
5. Aussprache über methodische Fragen
6. Verschiedenes

1. Tagesordnung

Die von Christopher vorgeschlagene Tagesordnung wurde einstimmig angenommen.

2. Protokoll

Es gab weder Fragen noch Anmerkungen zum Protokoll der letzten Sitzung.

3. Ergänzungsvorschläge für mögliche Testfälle

Vorschlag von Christopher: USA ``Great society'' ® wird in der nächsten Sitzung vorgestellt

4. Diskussion und Bewertung der Testfälle

A) Demokratisierung in der Türkei (Burak)

In der Türkei hat im Oktber 2001 sowie im März/April 2002 eine Verfassungsänderung stattgefunden. Diese umfasst zwei ratifizierte Gesetzespakete, die unter der Bezeichnung `` Harmonisation Laws'' laufen und grundlegende demokratisierende Veränderungen umfassen. Durch die Harmonisation Laws erfolgte eine Angleichung an die EU Normen; z.B. Verbesserung der Presse- und Meinungsfreiheit. Die Frage ist allerdings, inwieweit es sich wirklich um durchschlagende Reformen handelt. Amnesty International beurteilt die Reformen als grundsätzlich positiv, die Umsetzung in eine politische Praxis steht allerdings noch aus. Es handelt sich eher um einen ersten Schritt zur Efüllung der von der EU gestellten Bedingungen für einen möglichen Beitritt. Die Reformen haben im eigentlichen Sinne noch nicht stattgefunden.

Diskussion/Bewertung:
> problematisch ist einerseits, dass die Umsetzung der Reformen noch nicht vollzogen ist und damit keine Aussagen über den Erfolg möglich sind; anderseits ist das politische System der Türkei als geschlossen und exklusiv zu charakterisieren, innerhalb gelten zwar demokratische Spielregeln, die Partizipation bestimmter Bevölkerungsgruppen ist aber ausgeschlossen
> Türkei erfüllt eher die wirtschaftlichen Beitrittskriterien als die politischen
> Datenlage ist bisher sehr schlecht
> als Testfall wäre die Türkei nicht gleichwertig mit anderen bzw. ``unsauber''
> möglicher Untersuchungsgegenstand: Wirkung der EU-Beitrittsverhandlungen (als verpflichtende Anreizsituation)auf den Institutionenwandel (``Vogelperspektive'') ® wenn der Druck der EU in den Vordergrung tritt, könnte es problematisch werden, die Reformen als intentionale Reformen anzusehen

B) Privatisierung der Staatsbahn in Japan (Sandra & Thomas)
Referiert wurde die Geschichte der japanischen Staatsbahn seit 1945, die Auslöser der Privatisierung sowie der Verlauf der Umstrukturierung (vgl.: Thesenpapier). Eine wirtschaftliche Krise, ausgelöst durch den Ölschock in den 70ziger Jahren verursachte eine steigende Staatsverschuldung und eine wachsende politische Instabilität. Langfristige Planung seitens der Politik war kaum möglich und das Aufkommen von neoliberalem Gedankengut schuf ein gutes Klima für Privatisierungsprojekte. Trotzdem deutlicher Kampf mit den Gewerkschaften. 1987 began die Umstrukturierungsphase der Staatsbahn mit der Gründung von Aktiengesellschaften. Umstrukturierung gekennzeichnet durch Beschäftigungsabbau, Subventionierung, Schuldenab- bzw. umbau und durch weitere Einflussnahme des Staates. Bilanz: Steigerung der Betriebseffizienz, Schwächung der Gewerkschaften, Verringerung der Staatsverschuldung. Noch keine abgeschlossene Privatisierung - vielmehr eine Umstrukturierung

Diskussion/Bewertung:
> Masterplan gab es, ist allerdings zeitlich nicht eingehalten worden
> Typ der Reform: Deregulation, Entstaatlichung, Neoliberalismus = intentionales Projekt
> reiht sich in eine interantionale Welle ähnlicher Reformprojekte ein, denen eine eigene Logik gemein ist; im Vordergrund steht hier die Herauslösung aus dem Staatsapparat verbunden mit einem umfassenden Organisationswandel von Bürokratien, Kommerzialisierung muss erfolgen = positive Einnahmen-Ausgaben-Relation > Privatisierungsphase bietet die Möglichkeit einer Erfolgsbewertung
> evt. problematisch: Implementationsstufe unterrepräsentiert (wirtschaftlich dominiert)

C) Privatisierung der Post in Deutschland (Hilde)
Die Privatisierung der Post wurde von Hilde beispielhaft anhand der Deutschen Post AG dargestellt. Privatisierung wird wie folgt definiert: Übertragung bzw. Auslagerung von Vermögen und /oder Aufgaben aus den öffentlichen Sektor an private Eigentümer und Leistungsträger. Von Deregulierung/Liberalisierung spricht man bei der Aufhebung von Staatsmonopolen sowie bei der Lockerung von Vorschriften. Gründe für die Privatsierung waren in diesem Fall die Sanierung der Staatsfinanzen, die Finanzierung des Aufbau Ost, Effizienzsteigerung und der durch die Globalisierung entstandene Zugzwang. Zur Realisierung der Postreform war eine Grundgesetz-Änderung notwendig (Art. 87f, 143b GG), die dem Staat durch die Gründung von Aktiengesellschaften (Dt. Post AG, Dt. Telekom AG, Dt. Postbank AG) ermöglichte im Privatrecht frei zu agieren und am globalen Wettbewerb teilzuhaben(Börsengang 11/2000). Das Postministerium wurde aufgelöst. Mehr als 70% der Aktien befinden sich im Besitz des Staates.Die eingesetzte Regulierungsbehörde übernimmt staatliche Reformrestriktionen(Förderung des Wettbewerbs, Sicherung d. Universaldienste, Lizenzvergabe etc.), die EU konrolliert den Wettbewerb.

Diskussion/Bewertung:
> Wie strittig war das Reformprojekt? ® seitens der Gewerkschaften gab es starke Widerstände gegen die Entsataatlichungstendenzen
> Paralellfall zu der Privatiesierung der Staatbahn in Japan (vgl. Abschnitt B)

Bewertungsübersicht:


Türkei Privatisierung Privatisierung


der Bahn (J) der Post (D)
Regeländerung/Institutionenwandel + ++ ++
Praktikabilität - - ++ +++
Outcome-Bewertung - + +
Relevanz (+) + +
Matrix anwendbar + (meso) ++ + (meso)
demokratische Bedingungen (+) ++ ++

5. Aussprache über methodische Fragen

Fragen der allgemeinen Vorgehensweise, die noch zu klären sind:
> Vergleichbarkeit der Fälle wichtig?
> Sollten bei der Bearbeitung der unterschiedlichen Testfälle gleich Methoden angewandt werden?
> vergleichende Analysen wären vorteilhaft, da zentrale Effekte besser ausfindbar sind
> Matrix - Ebenen auf verschiedene Fälle verteilen; selten, dass ein Fall auf allen drei Ebenen Hypothesenprüfung ermöglicht
> maximal 4 Arbeitsgruppen bei, zu erwartenden 12 Teilnehmern im nächsten Semester
> Hauptaugenmerk auf die Frage der MAchbarkeit richten

Neue potentielle Testfälle wurden aufgenommen(siehe Arbeitsplan):
> Großbritanien: ``Thatcherism''
> USA: ``Great Society''
> Ghana: als Ergänzung/Vergleich zu Mali
> Deutschland: Aufbau/Ausbau des Gesundheitswesens
> Italien: regionale Reformen

bereits ausgeschiedene Fälle:
China, Rußland

6. Verschiedenes

Hausarbeiten können durchaus einzelne Fälle (auch ausgeschiedene) unter der Fragestellung des Seminars sondieren, wobei der Diskussionsprozess des Seminars mit einbezogen werden sollte.


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